Das Gebäude wurde 1596 auf einem vorhandenen, massiven Sockel als Fachwerkbau neu errichtet.
Bei dem Gebäude handelt es sich um ein stattliches zweigeschossiges Bauwerk mit mächtigem
Krüppelwalmdach zur Lagerung des sog. Zehnten („Große Frucht“). Man unterschied zweierlei Arten des Zehnten:
Zum großen Zehnten, der dem Grundherrn, später dem Staat, zukam gehörten die Hauptfrüchte Dinkel, Roggen und
Hafer. Der Weizen spielte noch keine Rolle (er wurde nur in kleinerem Maße angebaut) und erst mit dem Aufkommen
der Dreschmaschinen am Ende des 19. Jahrhunderts begann er, den Dinkel zu verdrängen.
Zum Kleinen Zehnten, der dem Pfarrer zustand und ein Teil seiner Besoldung war, gehörte vornehmlich das, was im
„Hafen“, im Kochtopf zubereitet wurde: Erbsen, Linsen, Bohnen, Kraut und Rüben; aber auch Hanf und Flachs.
Es war dem Bauern nicht gestattet, zuerst die Ernte einzubringen und anschließend eine Art
„Einkommenssteuererklärung“ mit dem Amt abzurechnen, sondern die Früchte mussten alle auf dem Acker liegen
bleiben, bis der „Zehntknecht“ kam und jeweils die zehnte Garbe auszählte.
1848 trat in Württemberg das Zehntablösungsgesetz in Kraft. Gegen eine Ablösesumme, die sich aus dem Vielfachen der
jährlichen Schuldigkeit errechnete, und in vielen Jahresraten abgetragen werden mußte, waren die Bauern eine
Lieferung in Naturalien los. Die Gemeinde Poppenweiler machte von dieser Möglichkeit im Jahre 1851 Gebrauch und
löste die Zahlung des Zehnten mit dem Erwerb des Gebäudes vom Königreich Württemberg für die staatliche Summe
von 48.844 Gulden ab. Diese Summe sagt uns wenig, weshalb der Versuch der Umrechnung. 1 kg Kalbfleisch kostete 20
Kreuzer (1 Gulden hatte 60 Kreuzer). Der Verdienst eines Taglöhners betrug um die 50 Kreuzer.
Nach dem Erwerb des Gebäudes war nun die Gemeinde stolzer Besitzer des Gebäudes. Man hatte auch vorläufig
Verwendung für das Gebäude. Da damals bei den Bauern die Scheunen knapp waren, teilte die Gemeinde das Gebäude
in viele Plätze ab und vermietete diese an die Bauern. Im Winter wurde dort das Getreide gedroschen. Der Dreschboden
hatte Holzbelag, während fast alle anderen Scheunen nur Lehmboden besaßen. So hallte das Dreschen weit über das
Dorf und inspierierte die Bürger zu einem Vers, der sich wie folgt überliefert hat:
„Die Drescher in der Scheune dort, die schlagen flink in einem fort den Takt dazu,
daß laut es knallt und weit durchs ganze Dorf hin hallt.“
Im 20. Jahrhundert wurde das Gebäude durch die Bevölkerung überwiegend gemeinschaftlich genutzt
(Lagerraum, Kühlgemeinschaft).
Nach der Eingemeindung in die Stadt Ludwigsburg wurde das Gebäude für öffentliche Einrichtungen
(Bürgermeisteramtliche Geschäftsstelle, Stadtbücherei, Vereinsräume) umgebaut.
Heute wird das Gebäude insbesondere von Vereinen und dem Förderverein
Bücherei als Nachfolgerin der Stadtbücherei genutzt.
Die Zehntscheuer vor ihrem Umbau im Jahre 1982